Ich überspringe an dieser Stelle unseres Rückblicks den Zeitraum der 12 bis 18 Lebensmonate unserer Tochter, da sie in dieser Zeit aufgrund des Aufenthalts in Leutenberg ziemliche Sprünge gemacht und auch Entwicklungsschübe aufgeholt hat, auf die ich in den entsprechenden Artikeln eingehe. In diesem Beitrag widme ich mich der Zeitspanne Januar 2020 bis 2021, also in etwa dem 18. bis 30. Lebensmonat, von denen ich nicht zuletzt wegen Urlaubs und Home Office überdurchschnittlich viel mitbekommen habe.
Einer der größten Entwicklungsschübe fand im Bereich der Motorik statt. Nachdem sich unsere Tochter mit dem Laufenlernen eher etwas mehr Zeit gelassen hat, gab ein Puppenwagen, den sie zu Weihnachten 2019 von der Uroma geschenkt bekommen hat, den entscheidenden Kick: Aus wackeligen Schritten an der Hand von Mama oder Papa wurden innerhalb weniger Tage selbstständige Gehversuche und zwischen den Jahren 2019/2020, als ich gerade mit einem meiner besten Freunde in der Küche saß, kam die Kleine plötzlich alleine durch die Tür spaziert. Für die Selbstständigkeit eines kleinen Menschen ist das Laufen ein enormer Meilenstein und mit zunehmendem Bewegungsdrang kommen dann auch noch je nach Situation Rennen, Springen oder Galoppieren dazu. Mittlerweile rennt sie über den Flur oder springt vor Ungeduld von einem Bein auf das andere, wenn ich beispielsweise mit ihrer Lieblingssorte Wurst vom Metzger zurückkomme. Es ist alles in allem ziemlich verrückt zu sehen, wie viel da in der Motorik passiert: Wer vor gefühlt noch gar nicht so langer Zeit noch etwas unbeholfen an der Hand lief, marschiert inzwischen ausgesprochen selbstbewusst durch das Leben.
Was sich im selben Zeitraum, teils völlig überraschend und sprunghaft, auf sprachlicher Ebene entwickelt, ist ebenso faszinierend. Manchmal braucht es gefühlt nur einen Mittagsschlaf oder auch mal eine unruhige Nacht und mit dem Aufwachen hat es „Klick“ gemacht: Plötzlich wurden aus gebrabbelten Lauten einzelne Worte, einzelne Worte verbunden zu kurzen Sätzen und diese irgendwann dann auch ergänzt um Präpositionen, Adjektive und Pronomen. Es ist definitiv so viel einfacher für uns Eltern, auf ein „Nein, lieber die rote Wurst!“ zu reagieren als auf ein sehr energisches „Daaaa! Nein, daaaa!“ Dazu ist es so beeindruckend zu sehen, wie schnell manche Sachen aufgeschnappt, wie neue Dinge mit dem bereits vorhandenem Wortschatz umschrieben werden oder auch wie viel von den Liedern aus der Weihnachtszeit hängengeblieben ist und man jetzt „Maria und Jooosef“ oder „Tannenbaum! Tannenbaum“ singend und summend durch die Wohnung läuft.
Mein Vater wurde schon vor der Geburt unserer Tochter nicht müde zu betonen, dass das Alter um 2 Jahre herum aus seiner Erinnerung an unsere Kindheit heraus mit die schönste Zeit im Elternsein ist – und ich kann es nachvollziehen! Es ist so toll zu sehen, wie unsere Tochter die Welt entdeckt, Sachen ausprobiert und echte Emotionen teilt. Aber auch ihre intrinsische Motivation Dinge alleine zu versuchen und nachzumachen, kann – wenngleich es auch Nerven kostet – man nur bewundern. Ich binde sie hier z.B. gerne beim Kochen mit ein, lasse sie probieren, selbst rühren und Zutaten dazugeben. Daran hat sie immens Spaß, gerade in der Küche ist ein Lernturm hier von großer Hilfe. Aber auch darüber hinaus, wenn ich Lego baue oder etwas male, nehme ich sie dazu und sie genießt die Zeit mit mir.
Das Home Office bringt natürlich Vor- und Nachteile, oder besser gesagt ein paar Herausforderungen, die man berücksichtigen muss, mit sich. Einerseits bekommt man mehr von seinem Nachwuchs mit, aber andererseits muss bspw. ein längeres Meeting geplant und mit einem Spaziergang oder ähnlichem überbrückt werden, damit die Hintergrundgeräusche erträglich sind. Glücklicherweise sind sowohl meine Kollegen als auch Kunden sehr verständnisvoll, denn auch bei ihnen sind hier und da schon Familienmitglieder in Videokonferenzen geplatzt. Der allerneueste Entwicklungsschritt, das selbstständig Öffnen von Türen, um nachzusehen, was Papa da eigentlich den ganzen Tag in seinem Büro macht, ist definitiv eine neue Herausforderung. Hier hilft dann manchmal wirklich nur Abschließen. Egal ob Wohnungs-, Bad- oder Zimmertür.
Insgesamt war 2020 – das muss man ja niemandem erklären – ein spezielles Jahr. An Ostern wurde uns das erstmals bewusst, denn Feste wie dieses verbinden wir eigentlich mit Erinnerungen an unsere Kindheit, die wir gerne an die nächste Generation weitergeben würden. Dazu gehört für uns, bei Opa und Oma, und insbesondere Uropa und Uroma, auf der Suche nach Ostereiern und dem eigenen Osternest durch die Wiesen zu spurten. Stattdessen haben wir auf das große Familienfest verzichten müssen und unsere eigene kleine „Hasenjagd“ in unserem Garten veranstaltet. Auch unser Balkon erwies sich in diesem Jahr als Glücksgriff: Er wurde mit einem Sandkasten und dem passenden Spielsand aus dem Baufachhandel aufgewertet – sicherlich kein Ersatz für einen Strandurlaub, aber zumindest ein bisschen „Sardinero-Gefühl“ zuhause.
Im vergangenen Herbst begann für unsere Tochter endlich auch die Kindergarten-Ära. Ihre Eingewöhnung klappte erstaunlich gut und sie hat sehr positiv auf die Rituale im Kindergarten, aber auch auf den Umgang mit den anderen Kindern, reagiert. Zuhause haben wir schnell gemerkt, dass es sich offenbar von Gleichaltrigen noch einmal leichter lernen oder Dinge abgucken lässt, als wenn Mama und Papa etwas vormachen. Umso mehr tut es mir auch Leid, dass wir sie dort nach nur wenigen Wochen wegen des nächsten Lockdowns wieder herausnehmen mussten. Es ist gut, dass wir nicht zu den Familien gehören, die in Zeiten wie diesen auf externen Betreuungsbedarf angewiesen sind – aber wenn ich sehe, wie unsere Tochter andere Kinder beim Spazierengehen ansieht, stehen bleibt und ihnen winkt, merkt man einfach, dass der soziale Abstand nicht nur den Erwachsenen zu schaffen macht.
Ich fasse zusammen: Ich bin froh, dass ich einen großartigen Arbeitgeber habe und einer Tätigkeit nachgehe, die Home Office zulässt, sodass ich all diese Entwicklungen selbst miterlebt und nicht nur beim Abendessen erzählt bekomme habe. Das ist etwas ungemein Schönes. Generell macht die Entwicklung so etwa ab einem Jahr, wenn das Kind sich stärker von der Mutter loskoppelt, aber eben auch deutlich mehr Interaktion möglich ist, immense Freude. Hier sei aber schon mal gewarnt: So ein kleines Wesen fordert seine Selbstständigkeit teils auch sehr selbstbewusst ein, die damit verbundenen Diskussionen und Erziehungsmaßnahmen fordern eine gute Portion Geduld. Aber es lohnt sich!